Radreise „Mehr Meer“, Woche 3

Collage mit sechs Fotos einer Radreise: Oben links ein gedeckter Restauranttisch mit buntem Essen im Freien, rechts daneben eine historische, holländisch anmutende Häuserzeile. In der mittleren Reihe links sitzt eine Frau in einer Café-Terrasse mit Kuchen und Kaffee, rechts sitzt diese Frau im Freien an einem Tisch mit Hund zu Füßen und in Zierform geschnittenem Busch dahinter. Unten links ein Selfie von zwei Personen vor einem großen Park mit Schloss im Hintergrund, unten rechts sitzt jemand unterm pinken Regenschirm neben einem Fahrrad beim Kochen auf dem Campingkocher im Gras.

Montag, 11.08., Hooksiel – Norden, 82 km

Heute haben wir den Wecker nicht gehört. Okay, ich hatte nur die Uhr gestellt, die dann in der Zeltwandtasche vor sich hin vibriert hat. Etwas Schlaf mehr und mal nicht früh aufstehen, kein schlimmer Fehler.
Die Nacht war kalt. Jetzt ist die Zeltinnenseite und das Gras klatschnass. Unser wasserscheuer Hund schafft es trotz Zögern zum Weg und nach dem Gassigang wieder ins Zelt.
Eine längere Strecke geht der Weg außerhalb des Deichs, so dass man die Inseln sehen kann. Oder immer an den Sielen, wo die Fähren abgehen. J. ist glücklich.
Wir rollen durch Norddeich, viele Touristen und wahrscheinlich Kurgäste sind unterwegs.
Dann rollen wir nach Süden, um nach Norden zu kommen. J. kriegt sich bei Schildern, wie Nord Norden oder Süd Norden nicht mehr ein.
Kurzer Supermarktstopp, dann WKV Kanuplatz. Großer und angenehmer Kontrast zu gestern. Kleiner Platz und als erstes hören wir: „Fühlt Euch wie zuhause.“
So viel gekocht, dass der große Topf der Trangia fast nicht reicht. Aber geniessend alles weggeputzt.
Bei der Hunderunde laufen wir an der Teefabrik Onno Behrends vorbei. Endlich mal eine Fabrik, die uneingeschränkt lecker riecht. Außerdem sehen wir eine große Dornkaatflasche an einer Brücke. Aha, das kam auch von hier (und wird heute woanders produziert).
Die folgende Nacht ist zum Glück wärmer als die letzte und sehr ruhig.

Dienstag, 12.08., Norden – Kostverloren, 85 km

Kaffeepause in Greetsiel. Auf dem Weg nach Emden kommt die Sonne und es wird warm. Das Handy zeigt Hitzewarnungen an.
Zeitverschwendung bei Obi. Wieder keinen passenden Torx mit Loch fürs Hinterrad bekommen. Ab jetzt gebe ich auf. Luftablassen hat ausreichend geholfen und man merkt es gar nicht.
Sehr guter Burger bei „Der Ostfriese“ in Emden. Am Eck nebenan gibt es Eis für uns. Vorratsstopp bei Edeka. Schon klar, dass es in Niederlande auch Lebensmittel gibt, aber ich möchte morgen einen ruhigen Ruhetag haben. Das Haus mit der Menschenschlange davor stellt sich beim Näherkommen als Dat Otto Huus heraus.
Fähre über die Ems von Petkum nach Ditzum. Kein Schatten beim Warten an der Fähre. Heute sehr viel, ja zu viel Sonne. Noch 20 Kilometer bis zum Campingplatz.
Man muss schon aufmerksam sein, um die Grenze nicht zu verpassen. Es gibt eben Grenzen und Grenzen.
Der Platz ist sehr schön, schattig, mit Katzen und Hühnern, Strom, Bänken und einem Gemeinschaftsraum. Nur Holländer und wir. Der Chef behauptet, das sei der kleinste Campingplatz in den Niederlanden.
Es gibt eine Toilette und eine Dusche. Beides so „mini“, dass wir überlegen, wie da weniger schlanke Leute reinpassen. Alles einfach, aber wir brauchen nichts mehr als es hier gibt. Nette Gespräche mit den Zeltnachbarn. Morgen soll es 32 Grad warm werden.

Mittwoch, 13.08., Ruhetag in Kostverloren

Länger geschlafen. Obwohl schon welche leise gepackt hatten und gefahren sind. Vielleicht waren wir auch nur sehr müde.
Wäsche mit der Hand gewaschen. Die Hitze soll wenigstens einen Nutzen haben. Kaffee auf dem Platz, dann Ausflug. J. wurde ein Badeplatz empfohlen. Acht Kilometer durch die Hitze hingeradelt, um dann festzustellen, dass man da nicht wirklich schwimmen kann. Enttäuscht wieder zum Campingplatz zurück und nun richtig einen Ruhetag begonnen.
Am Platz gepflückte sehr gute Pflaumen, noch ein Kaffee und ein Nickerchen.
Gut, dass der wie gefordert „stets angeleinte Hund“ auch da bleibt, wenn niemand aufpasst und keiner die Leine hält.
Der Plan für morgen steht, auch das Mittagessen in Groningen ist bestimmt. Wir werden früher aufstehen, damit uns die Hitze nicht gleich so trifft.

Donnerstag, 14.08., Kostverloren – Taarlo, 85 km

Leider keine Seehunde hinter der Wand mit den Gucklöchern, da Ebbe. Kleines Detail, große Wirkung. Schade. Wir nutzen die Pause, um E. telefonisch zum Geburtstag zu gratulieren.
Kaffeestopp bei einem schönen Café mit Bedienung aus Thailand. Nein, glutenfrei ist nicht vegan, auch wenn man es mehrfach wiederholt. Also nur Kaffee und danach ein Riegel an den Rädern.
Durch große Industrieanlagen fahren wir nach Delfzijl. Die Innenstadt hat nicht die beste Ausstrahlung. Über tolle „Radwegautobahnen“ dann flott nach Groningen.
Das mit der vielen Vorfreude belegte Restaurant Herbivore hat heute (oder immer?) leider zu. Zurück zu einem Türken (?), der Mittelmeer-Food anbietet und laut Schild weiß, was vegan ist. Gefüllte Kartoffeln mit guten Beilagen. Gut, aber doch nicht so das, auf was wir uns freuten.
Einkaufen bei Ecoplaza und letzte Kilometer zum Campingplatz. Dieser ist einfach, aber gut. Es ist wieder zu heiß. Ich baue das Zelt auf. J. duscht, um auf Normaltemperatur zu kommen.
Jemand erzählt uns, dass hier E-Räder wegen der Akkus gestohlen wurden. Die Polizei würde um Groningen ungewöhnlich hohen Stromverbrauch per Gebäude suchen und so auf Cannabisplantagen schließen. Deshalb würde man Radakkus und ganze Teslas stehlen. Keine Ahnung, ob das stimmt. Jedoch führt es dazu, dass wir das Zelt in dieser Nacht mit Akkus teilen.

Freitag, 15.08., Taarlo – Luttenberg, 85 km

Die Wiese ist so nass, dass das Zelt extra gepackt werden muss, um die anderen Sachen zu schützen. Auf den ersten Kilometern habe ich das ungute Gefühl, etwas vergessen zu haben. Mhm.
Kaffee, Wraps und Chips bei Hema in Beilen. Als Mittagessen gibt es dann Pokebowl in Hogeveen auf der Terrasse des Grand Café Maron.
Obwohl kühler als gestern, schimpft J. über die Hitze und wird langsamer. Heute tut mir der Hintern weh und schneller wäre für mich besser. Trotz dieses Konflikts kommen am Campingplatz an, wo man kein Deutsch, aber freundlich schlecht Englisch spricht.
Ich habe den CEE-Adapter auf dem letzten Platz vergessen. Das Gefühl war leider diesmal richtig. Eine Leihgabe hilft, das Laden zu erledigen. Wir sind so stolz, dass alle unserer wenigen Dinge ihren Platz haben und heute habe ich es verkackt, weil ich von dieser Orndnung abgewichen bin.
Die Campingfrau betreibt einen Teesalon und J. holt Tee für uns. Hilft ein wenig, den Ärger über den Adapter zu dämpfen.

Samstag, 16.08., Luttenberg – Eekbeek, 58 km

Beim Bezahlen bekommen wir gratis Kaffee und obwohl die Campingleute nicht allzu viel andere Sprachen können, unterhalten wir uns sehr nett. Das Interesse an uns Radlern ist wohl besonders, da hier, etwas abseits von Touristenorten, sonst nur von Treibstoff angetriebene Gäste vorbei kommen.
Auf dem Weg geht es einmal vergeblich zu einem Baumarkt. Hatten den Adapter fast, nur die Stecker waren genau falschherum. In Deventer probiere ich den Outdoorladen Bever. Nach 9,95 Euro ist alles wieder elektrisch und stimmungsmäßig beim Alten.
Wir stöbern im Wandelwinkel, einem Geschäft für Wanderer. Wir sehen ein witziges Geschäft für Dackel(besitzer) mit Namen Hashteckel. Zum Glück haben wir einen Terrier und es wird nichts gekauft. Die Stadt ist voller Menschen, es ist Markt. Wir essen Fritten mit veganer Mayonnaise und vegane Bitterbollen. Danach Kaffee und Kuchen bei Kaldi. Man könnte auch zurück zur Brückenauffahrt, aber wir fahren für 1,60 Euro pro Person und Rad mit der Fähre über die Ijsel.
Dann noch der Weg zum Campingplatz. Harter Boden testet meine eigentlich bewährten Fähigkeiten, ohne Hammer Heringe zu setzen. Dusche, Abendessen und noch ein Spaziergang um den seltsam geformten Berg hinter dem Campingplatz. Es ist eine Müllhalde. Ja, das ganze Zeug muss halt irgendwo hin.

Sonntag, 17.08., Eekbeek – Well, 84 km

Hier gibt es Hügel! Was eventuell die hohe Anzahl Rennradfahrer erklärt, die die schmalen Wege entlang flitzen. „Bergtraining“. Und die Crossräder, die neben dem Betonweg standesgemäß den Sandweg wählen. Oder es liegt einfach am Sonntag und der schönen Natur.
Lewis kann hier in der Heide gut laufen. Zumindest da, wo man die Rennradler im Blick hat und nicht auf einer Weide direkt durch erstaunlich bullige Bullen radelt. Hier gibt es wohl ein lockeres Sicherheitsverständnis als in Deutschland.
Vieles der Route ist geplant, die Orangerie Warnsborn vor Arnhem hatte ich nicht auf dem Schirm. Unerwarteter Kaffeestopp mit sehr, sehr schöner Aussicht.
Auf der Karte sieht die Route durch Arnhem und Nijmegen kompliziert und anstrengend aus. In Realität wird man bestens auf breiter Infrastruktur durchgeleitet.
Nijmegen fühlt sich bekannt an, weil wir da schon einmal geradelt sind. Wir fahren direkt zu Tati, einem zu 100% veganen Restaurant. Sehr gute Pause mit viel schmackhafter Auswahl. Sonntagseinkauf bei Albert Heijn und dann den Rest über Land strampeln.
Am Campingplatz entdecken wir beim Einchecken einen Vogel am Boden liegend in der Nähe der Campingkatze. Die Campingtochter will dem Vogel helfen, dieser fliegt hoch, die Katze springt, fängt und der Vogel ist nicht mehr. Ich höre „Das ist Natur.“, finde den Vorfall mit der Hauskatze aber nicht so natürlich, auf jeden Fall traurig.
Fürs Kochen des Abendessens brauche ich einen Schirm, da es regnet. Essen im Zelt, alles nicht so schlimm.

Schreibe einen Kommentar

Deine E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert