Montag, 28.07., Transporter Ludwigshafen – Leipzig, ca. 470 km
Der Transporter ist zur bestätigten Uhrzeit noch nicht fertig. Er sei zu spät zurückgegeben worden. Man bemüht sich mit dem Putzen und will auch nicht das Risiko eingehen, wegen schlechtem Saubermachen eine miese Bewertung zu kassieren. Ich will beim Abgeben auch keinen Ärger bekommen. Also nicht aufregen und warten. Nach kurzer Verladung geht es mit ein wenig Verspätung auf die Straße. Fahrt und Abgabe ohne Probleme.
Die ersten Radkilometer geht es quer durch Leipzig zur Adresse der Freunde C. und M., zumindest zur Adresse von vor 20 Jahren. Merke: Wenn Dir jemand keine Post oder Mails mit Signatur schickt, lieber nochmal nach der Adresse fragen. Nach Anruf und weiteren 20 Minuten dann an der aktuellen Adresse angekommen. Natürlich „witzig“.
Küche gekapert, „Guerilla-Kitchen“, weil wir unsere Art des Essens dann ohne Aufwand für die Gastgeber auf den Tisch bringen können. Sehr netter Abend mit guten Gesprächen. Man trifft sich zwar ab und zu, aber man redet dann nicht wirklich in solcher Tiefe. Zwar wenig geradelt, aber doch ein langer Tag geworden. Freundlicherweise dürfen wir dort übernachten.
Dienstag, 29.07., Leipzig – Aken, 97 km
Eine Runde durch die Innenstadt, dann Richtung Bitterfeld. Dort zum Asia Restaurant. Veganes Sushi und Bowl von J. aus der Speisekarte „verhandelt“. Sehr lecker.
Kurz vor Dessau müssen wir auf der Landstraße fahren und bei jedem LKW kribbelt der Nacken. Der ganze restliche Weg war aber super.
In Dessau fahren wir zum Bioladen Bibernelle und proviantieren. Lewis, unser Hund, macht etwas, was er eigentlich nie macht. Er verlässt seine rollende Hundehütte und kommt zu uns in den Laden. Als ich die Krallen tapsen höre, verfrachte ich ihn wieder nach draußen. Zwei Americano und Brause gibt es als Treibstoff für den Restweg. Ankunft in Aken bei der ersten Campingstelle dieser Fahrt. Hier waren wir letztes Jahr schon einmal. Es ist schön, hier nochmal an der Elbe angekommen zu sein.
Mittwoch, 30.07., Aken – Burg, 76 km
Vom letzten Sommer bekannte Wege über Domburg usw. in wärmender Sonne. Umweg nach Gommern, um zu einem Supermarkt zu kommen. In dieser Gegend muss man Umwege fahren, um etwas zu essen zu bekommen.
Sand und Wasserloch-Teststrecke auf den letzten 12 Kilometern vorm Campingplatz. Mein Hinterrad versinkt inklusive Felge, rutsch oft seitlich und dreht durch. Anfahren ist schwierig. J. hat Mäntel mit Stollen und ist nicht so schwer beladen, hat aber sonst ähnliche Probleme. Der Weg macht wirklich keinen Spaß, aber man kann konstatieren, dass wir unsere Räder auch unter Last beherrschen. Niemand landet im Matsch. Die Kette knirscht so sehr, dass ich mir Sorgen mache. Der Campingplatz am See beendet diese Strecke. Ist gut ausgerüstet mit modernen Duschen und Ladeschränken fürs Handy. Da kann die Powerbank mal wieder aufholen. Abendessen im Wind, aber mit Seeblick. Dann noch Sand aus Kette und Ritzeln pulen. Müde…
Donnerstag, 31.07., Burg – Havelberg, 91 km
Umwege wegen Umleitung und wegen Regen. Denn wenn das Handy (wasserdicht, aber möchte man was riskieren?) nicht am Lenker hängt, gibt es durch falsche Entscheidungen Umwege. Am Anfang nur leichter Nieselregen, aber dann wird es richtig nass. Ein Tag mit Regenklamotten und nassen Füßen in Sandalen. Immer gerade noch warm genug, um nicht zu frieren. Immerhin manchmal hilfreicher Rückenwind auf langen geraden Deichstücken. Kleine Bäckerei in Jerichow mit eigener Produktion versorgt uns mit Kaffee und süßem Müsliknäcke. Wir stehen draußen, da man mit Hund nicht rein darf, und fahren weiter bevor uns noch kälter wird. Wieder Regen. Fühlt sich heute wie ein langer Tag an.
Froh über das dichte Zelt und die warmen Schlafsäcke. Weniger froh, dass zuhause unsere Freundin nach wenigen Tagen in der neuen Wohnung in die Palliativstation gekommen ist. Abendessen beim Vietnamesen hilft beim derzeitigen Energielevel.
Freitag, 01.08., Ruhetag
Ruhetag, nur zweimal zum Supermarkt geradelt. Zuerst wegen Frühstück. Nachmittags dann nochmal, um den Wochenendproviant in einer Gegend mit wenig Märkten zu sichern. Dann müssen wir heute keine Umwege mehr fahren. Jemand im Markt sagt giftig: „Alles Bio-Bananen, haben die denn gar keine normalen mehr?“ Ruhe nach dem Frühstück, dann Stadtbesichtigung. Cafe D8, ehemaliger Sitz der Domherren, liebevoll renoviert, schöner Garten mit Eseln, Kaffee, selbstgemachter Gemüsesuppe mit Gemüse aus eigenem Garten. Es geht uns gut. Als es von sehr sonnig zu sehr starkem Regen umschlägt, dürfen wir mit dem Hund rein, Tee trinken und die Bücher der alten Bibliothek lesen. Cool.
Nochmal essen beim Vietnamesen. Bei der Rückkehr ist der Platz voller sportlicher Jugendlicher. Eine Jugendgruppe macht den jährlichen Ausflug mit Training. Ende der Ruhe. Wir sind ja Profis und haben Ohrenstöpsel.
Samstag, 02.08., Havelberg – Eldena, 83 km
Frühstück geht stressfrei, da die Sportjugend vor uns frühstückte und sich für den Tag rüstet.
Nach zwölf Kilometern werden wir von einem Mann an einem Haus auf dem Deich gestoppt. Der Verein Orderstation Havel e.V. aus Werben hat das alte Gebäude teilweise renoviert und nur heute mit Kaffee und Kuchen, später wird gegrillt, geöffnet, weil auf beiden Seiten der Elbe Feste stattfinden. Auch die Fährverbindung über die Elbe gibt es nur heute und wegen der Feste. So sollen Kunden vorbeikommen.
Ich erfahre, dass es nur noch zwei Orderstationen in Deutschland gibt, hier und in Mannheim. Ob ich das nicht wüsste, ich käme ja von da.
Der Duschautomat auf dem Campingplatz Eldena ist defekt. Wir können nicht duschen. Was an anderen, anstrengenderen Tagen eine mittlere Katastrophe gewesen wäre, muss heute mal mit Katzenwäsche gehen. Unklar, was kaputt ist, dass kein Geschlecht duschen kann. Der Mann im Haus lötet, so sagte sie beim Empfang.
Ein Platznachbar gibt Lewis Leckerlireste, die er von seinem verstorbenen Hund übrig hat. Und erzählt uns unverlangt von der DDR und sich in der DDR. Wenig los auf dem Platz, da braucht man Zuhörer. Immerhin gibt es Stühle und einen Tisch am kleinen Bootshafen, um zu kochen und zu essen.
Bei der Hunderunde durch den Ort überlegen wir uns, ob hier überhaupt irgendwas los ist.
Sonntag, 03.09., Eldena – Retgendorf, 77 km
Erstes Ziel ist Ludwigslust. Besichtigung per Rad, dann Kaffeestopp direkt am Schloss. Wieder ein Adliger, der sich baulich und gärtnerisch ausgetobt und dann zusätzlich noch den ganzen Ort nach sich umbenannt hat. Na ja, er hat bestimmt ja auch alle beschäftigt. Am gestrigen Abend und heute findet „Ein kleines Fest im großen Park“ statt. Was leider Absperrungen und für uns Sackgassen und Umwege zur Folge hat. Die Umbauarbeiten an der Bahnstrecke Hamburg – Berlin hatten ihren Start in Ludwigslust, was ich beim Überfahren einer Brücke bestätigen kann.
Von Ludwigslust bis Schwerin regnet es. Kurz zum Schloss, Sitz des Landtages. Hat was disneyhaftes. Wir lassen die Touristen und ihr Gejammer übers Wetter links liegen und suchen warmes Essen. Wir finden eine Stelle, die tropfende Radfahrer mit trockenem Hund nehmen. J. zieht draußen ein trockenes Oberteil an. Sehr zur Freude der Gäste einer Bäckerei mit überdachter Terrasse auf der anderen Seite der Fußgängerzone. Hausgemachte Udon-Nudeln mit Chilli und auch sonst viel gutem Geschmack machen den Tag wieder schöner.
Dann die letzten Kilometer zum Campingplatz an einem der vielen Seen. Lewis ist wieder so froh anzukommen, dass er nach seiner Meinung beim Zeltaufbau hilft.
Alles ist feucht, es ist ein wenig kalt. Aber ich bekomme Pommes mit Radler beim Campingimbiss und die Trangia-Küche bleibt heute aus. Habe ich schon die Freude über ein dichtes Zelt und einen warmen Schlafsack benannt? Habe ich, aber die Freude ist groß.
Schöner Bericht 🙂
Male mir lieber nicht aus, wie viele Stunden Videomaterial wie lange geschnitten wurden für die kurzen Filme.
Und staune über das tägliche Radpensum. Ich jammere ja schon, wenn mich auf den 4 km in den Nachbarort ein Schauer überrascht.