Samstag, 20.07., Bodenwerder – Weißehütte
88 Kilometer, 4:36 Std., 339 Höhenmeter.
Den heutigen Kaffee gibt es in Holzminden. Ein Mann sucht das Gespräch, weil er das Lastenrad von Velolab sah. Also haben wir mit ihm, wie sich herausstellt, ist er von Beruf Tischler, und seiner Frau auf dem Marktplatz Kaffee getrunken. Lastenradler unter sich. Er hat ein Bastiaen mit „meinem“ Antrieb und wir tauschen Erfahrungen darüber und über die Menge an Gepäck, die man bei Reisen mitnimmt, aus. Wir fahren ohne Zweifel leichter.
Mittagessen in Höxter bei Lion, einem Thai-Inder. Empfehlung des Tischlers. Höxter wurde für die Gartenschau im letzten Jahr heraus geputzt. Witzige Figuren stehen in Gruppen an vielen Stellen.
Durch Temperaturen um die 31 Grad geht es nach Gieselwerder. Der Campingplatz ist voll (erstes Mal auf der Reise, man hätte uns aber reingequetscht) und am Abend gibt es die Veranstaltung „Weser im Flammen“ mit Feuerwerk. Da würde unser Hund im Zelt wahnsinnig werden. Also sechs Kilometer weiter nach Weißehütte. Sehr ruhiger, großer, unparzellierter Platz. Alles bestens. Einziges Minus: Noch ein Universalgenie in einer Männertruppe beschallt den Platz.
Sonntag, 22.07., Weißehütte – Kassel Wilhemshöhe
59 Kilometer, 3:00 Std., 353 Höhenmeter.
Regen und Gewitter in der Vorschau. Außerdem entdeckt, dass der geplante Campingplatz in Guxhagen auch neben der Autobahn liegt. Deswegen Hotel in Kassel Wilhelmshöhe gebucht, um beide Probleme zu lösen.
Zuerst mal in Hannoversch Münden zum Weserstein. Ist der Reim nicht etwas holprig? Danach geht es in die Altstadt, wo nach zwölf Jahren Pause mal wieder Altstadtfest stattfand. Kaffee bei einem Feinkostladen und Gespräche mit zwei Herren, die aus Trier und Höxter stammen.
An der Fulda entlang geht es sonnig bis Kassel. Wir konnten das Gewitter kommen sehen und es hat uns in Kassel, circa zwei Kilometer vom Ziel, voll erwischt. Unter dem Dach einer Tankstelle stellen wir fest, dass wir sowieso klatschnass sind und entscheiden uns, die Wilhelmshöhe auch noch unbeirrt hoch zu „schwimmen“. Das Hotel ist gut und das Zimmer gerade so groß genug, um alle Bekleidung zum Trocknen zu verteilen. Nach Fußweg und sammeln von weiteren Höhenmetern essen wir abends eine ganze vegane Platte lecker Sushi bei Taki.
Montag, 23.07., Kassel Wilhemshöhe – Gemünden
80 Kilometer, 4:26 Std., 482 Höhenmeter.
Übernachten in Wilhelmshöhe bedeutet, morgens geht es erstmal viel bergab. Am Anfang schnurgerade. Das Verlassen von Kassel in die richtige Richtung ist dann aber etwas undurchsichtig. Ein Café links liegen gelassen, dann lange keins mehr gefunden. Bei einer Edeka-Bäckerei hat es dann geklappt. Wir sitzen auf Plastikstühlen mit Blick auf Parkplatz. Amüsant, wenn man es hinbekommt, sich über Parkmanöver und die fremde Einkäufe lustig zu machen.
Erst die Fulda, dann die Eder verlassen. Talwechsel zur Wohra. Talwechsel bedeutet immer Höhenmeter, war aber nicht so schlimm. Rezeption in Gemünden ist unbesetzt. Der telefonisch zugewiesene Platz Nummer 22 hat natürlich null Beschilderung. Im Stromkasten heißt eine Steckdose Durchgangsplatz und ein Stück Rasen ist frei, also Zelt aufbauen.
Als die Nachbarn zu ihrem Campingwagen kommen, schenken sie uns nach einem kurzen Gespräch zwei Duschmarken, weil das Gespräch so nett gewesen sei. Sonst ist fast niemand da. Ruhe genießen.
Spät merke ich und ich gebe es hier freimütig zu, dass ich gestern bei einem gleichnamigen Campingplatz an der Lahn falsch reserviert hatte. Dort gibt es garantiert den Platz 22. Der Platz, auf dem wir sind, hat noch nicht mal eine Seite im Netz. Das eine Problem, dass wir an der Lahn nicht auftauchen werden, versuche ich mit einer ehrlichen Mail zu mildern.
Dienstag, 24.07., Gemünden – Wißmarer See
63 Kilometer, 3:00 Std., 180 Höhenmeter.
Da sich bis zur Abreise kein Offizieller zeigte, habe ich das andere Problem, die Bezahlung des genutzten Campingplatzes, durch Überweisung von 18 Euro an die Bankverbindung aus dem Schaukasten gelöst.
Kein passendes Café vor Marburg gefunden, Bäckereien entweder ohne Sitzmöglichkeiten oder „wegen Krankheit geschlossen“. Also etwas später Wrap und Eis und Kaffee im Ufercafé in Marburg.
Wir folgen den von der Lahn-Tour bekannten Zick-Zack-Weg nach Lollar. Auf dem Campingplatz Wismarer See liebt man noch immer, Schilder vor allem gegen viele Handlungen zu schreiben. Beim Duschen hatte ich noch kurz Warmwasser, dann gab es nur noch kalt und die Aufregung war groß auf dem Platz. Kalt duschen soll ja sehr gesund sein und ich kann ja dankbar sein, dass mir jemand das übliche Zögern abgenommen hat.
Im Nachbarzelt, einem Tipi, wird der Sohnemann mit endlosem Hörstück vom kleinen Wassermann beschallt. Die Eltern sitzen derweil etwas entfernt am Picknickplatz, haben ihre Ruhe und plaudern. Das wäre noch ein Schild wert: „Zeltwände sind nicht schalldämmend!“ Wieder eine Ohrstöpselnacht.
Mittwoch, 25.07., Wißmarer See – Frankfurt Gateway Gardens
101 Kilometer, 5:25 Std., 598 Höhenmeter.
Kurz nach der Abfahrt rollen wir schiebend mitten durch Gießen. Mit Markt in der Fußgängerzone und sichtbaren Stadtleben. Sieht nett aus hier. Die von mir befürchteten Steigungen auf der heutigen Tour sind gemäßigter als angenommen. Ist mehr eine Hochebene, die wir im Bogen durchfahren. Die Bogenkilometer sparen Höhenmeter.
Kaffee in Echzell vor einer kleinen Bäckerei, Bestuhlung auf dem schmalen Bürgersteig. Auf Tuchfühlung mit Traktoren, LKW, Bussen und allem, was unseren Tisch zum Wackeln bringt. Unangenehm angenehm, schließlich haben wir Kaffee und Brötchen. Schöne Kilometer entlang der Nidda. Einmal falsch gefahren und dadurch den Dottenfelder Hof entdeckt. Radler und Linsensalat. Wieder einmal lecker.
Dann durch Bad Vilbel weiter Richtung Frankfurt und in Frankfurt Dornbusch zu Kuli Alma, einem veganen Restaurant mit israelischer Küche. Wegen Israel hatte ich mir kurz überlegt, ob der Besuch mit Ärger verbunden sein könnte. Darauf hätte ich am Ende des Urlaubs so gar keine Lust. Aber es wird sehr ruhig und lecker. Shawarma für mich, J. befriedigt ihre nie endende Sucht nach Hummus. Dazu u.a. Äppelwoi, danach Käsekuchen und Espresso. Einem Abschlussessen am Reiseende würdig.
Der Berufsverkehr durch die Frankfurter Innenstadt war teilweise sehr einfach zu meistern, da wir breite Fahrradstraßen nutzen. Andererseits durch die Menge an Verkehrsteilnehmern und Regelungen überwältigend. Ich bin leider über eine rote Fahrradampel, zum Glück mit ausreichend Abstand von der anrückenden Blechlawine. Der Radfahrer neben J., die ordnungsgemäß wartet, sagt zu ihr: „Das passiert hier regelmäßig.“
Da der letzte geplante Campingplatz an Bundesstraße und Autobahn und auch in der Einflugschneise liegt, nochmal ein Hotel gebucht. Meininger in Gateway Gardens, direkt am Flughafen. Damit wird die heutige Tour die längste und die letzte Fahrt bleibt morgen unter 100 Kilometer. Positiv: Räder in die sichere Tiefgarage verhandelt und erstaunlich wenig Lärm. Negativ: Den Charm des Kopenhagener Meininger sucht man hier vergeblich. Die Klimaanlage in unserem Zimmer geht überhaupt nicht und kurz vor Mitternacht versucht zuerst jemand, in unser Zimmer zu kommen. Man kann sich ja mal bei der Zimmernummer irren. Schlimmer, dass kurze Zeit später Fremde wirklich in unser Hotelzimmer kommen, da die Rezeption vermutlich „Zimmer lässt sich nicht öffnen“ einfach durch Freischalten für unser Zimmer löste. Man kann sich ja mal in der Zimmernummer irren, jedoch müsste man an einer Hotelrezeption erstmal die Angaben in einem solchen Fall prüfen. Mit diesem Trick käme man sonst nämlich in jedes gewünschte Zimmer. Und dann lässt man sich nicht durch Brüllen von „Raus!“ so einfach in die Flucht schlagen. Der Zwischenfall kostet Schlaf.
Donnerstag, 26.07., Frankfurt Gateway Gardens – Ludwigshafen
86 Kilometer, 4:21 Std., 285 Höhenmeter.
Morgens erfahren wir, dass es auch deswegen so ruhig im Hotel war, da sich Aktivisten auf die Rollbahn geklebt hatten und massenhaft Frühflüge ausgefallen sind. Die Berichterstattung überschlägt sich und man wundert sich ernsthaft, dass man einen Zaun in der Qualität unseres Gartenzauns einfach überwinden kann. Später radeln wir an dem nun durch Sicherheitskräfte bewachten Loch im Zaun vorbei.
Wer sich mal richtig fehl am Platz fühlen will, der kann mal in der Nähe vom Frankfurter Flughafen radeln. Umwege über fünf Bettelampeln direkt hintereinander, um wenige Meter Fahrspuren zu überwinden. Wir radeln gequetscht zwischen Autospuren und anderen Dingen.
Ab der Startbahn West geht es dann lange kerzengerade durch den Wald. Wäre schön hier, wenn der Fluglärm nicht wäre. Kaffee und Eis in Trebur. Später Rheinfähre nach Nierstein und über die Dörfer nach Worms. Eispause bei Nonno. Und der Rest ist dann bekannter Nahverkehr für uns. Wir haben müde Beine und es ist sonnig und warm, sodass das Nachhausekommen ein gutes Gefühl ist.
Da wir keine besonders guten Ruhetagsmenschen sind und nur zwei gemacht haben, sind wir ein paar Tage zu früh zuhause. Den Gedanken, dass man mehr vom nördlichen Stück des Weserradwegs hätte mitnehmen können, schiebe ich schnell beiseite. Denn die freien Tage zuhause fühlen sich echt gut an.